01.10.2024
Erl

Jesus-Darsteller im Doppelpack

Zwischen Fußballplatz und Passionsspielhaus

Christoph Esterl und Stefan Pfisterer werden 2025 als Jesus-Darsteller auf der Bühne des Passionsspielhauses stehen. Die beiden Erler verbindet eine langjährige Freundschaft und eine gemeinsame Leidenschaft neben der Passion: Der Erler Fußballverein.

Die Haare werden wieder länger in Erl, denn der Probenbeginn für das Passionsjahr 2025 steht unmittelbar bevor. Mit den Jesus-Darstellern Christoph Esterl (36) und Stefan Pfisterer (32) wird bereits geprobt. Über 500 Personen werden im kommenden Jahr unter der Regie von Schauspieler Martin Leutgeb bei den Passionsspielen Erl mitwirken.

Dreh- und Angelpunkte des Dorflebens

Das Passionsspiel wirkt in die Erler Dorfgemeinschaft hinein, ist Christoph Esterl sicher: „Man sitzt mit vielen Menschen beisammen, beim Proben und auch später bei den Aufführungen und kommt ins Gespräch. Das bringt die Dorfgemeinschaft enger zusammen.“ Neben dem architektonisch interessanten Passionsspielhaus ist der Fußballplatz ein wichtiger Treffpunkt, ein Dreh- und Angelpunkt des Dorflebens.

Christoph Esterl und Stefan Pfisterer sind nicht nur durch ihre Rolle im Passionsspiel verbunden, sondern auch durch ihr sportliches Hobby: „Die Kantine war immer ein beliebter Treffpunkt. Mit unserem Altersunterschied wären wir uns sonst vielleicht nicht begegnet, aber durch den Fußballverein haben wir uns kennengelernt“, erinnert sich Christoph Esterl. „Und lieben gelernt“, fügt Stefan Pfisterer schmunzelnd hinzu.

Von Kollegen zu langjährigen Freunden

Die beiden sind längst mehr als nur Teamkollegen. „Wir sind schon gemeinsam in Urlaub gefahren, machen Ausflüge zu jedem runden Geburtstag. Jetzt sind die Dreißiger im Freundeskreis abgehakt, der Erste wird bald Vierzig“, erzählt er. Sie stehen mitten im Leben – beide berufstätig, beide Familienväter. Trotz eines herausfordernden Alltags haben sie sich entschieden, die Rolle des Jesus zu übernehmen. „Als ich gefragt wurde, hat meine Frau direkt gesagt: Unbedingt, mach das! Wir stehen hinter dir“, berichtet Stefan Pfisterer. Christoph Esterl überlegte: „Ich musste Pro und Contra abwägen, auch wenn das Bauchgefühl sofort Ja gesagt hat. Es bedeutet auch Arbeit, Anspannung und eine große Verantwortung. Aber ich freue mich sehr auf die Zeit, die jetzt kommt.“

Die Passion als Teil der Identität

In Erl gehört das Passionsspiel zur Dorfidentität: „Den Erler Passionsfanatismus muss man erstmal verstehen“, gibt Stefan Pfisterer lachend zu. „Die Rolle zu spielen ist eine riesengroße Ehre. Insgesamt kann ich mir nicht vorstellen, in Erl zu leben und nicht mitzuspielen.“ Trotz der intensiven Vorbereitungen, die nun beginnen, schaffen es beide, ihre Familien in das Passionsjahr zu integrieren. „Meine Familie und meine beiden Buben haben mich geerdeter gemacht“, beschreibt Christoph Esterl. Für beide Jesus-Darsteller ist es ein Glück, dass ihre Familien mitziehen. „Unsere Frauen und Kinder werden ebenfalls bei der Passion mitwirken, so verbringen wir die Wochenenden trotzdem gemeinsam“, freut sich Stefan Pfisterer.

Die gemeinsame Entwicklung der Rolle

Aktuell finden die Proben mit den Jesus-Darstellern schon zweimal wöchentlich statt, auch am Samstag: „Wir gehen den Text miteinander durch und schauen, wie man die Sätze sprechen kann… gleichgültiger oder wütender… dabei entstehen auch erste Ideen fürs Spielen“, beschreibt Stefan Pfisterer die Arbeit an der Rolle. Christoph Esterl ergänzt: „Wenn wir eigene Vorstellungen haben, geht der Regisseur oft mit. Er gibt uns direkt Feedback, man weiß sofort, woran man ist, deshalb ist die Probenarbeit sehr angenehm.“ Obwohl es noch keine Verpflichtung gab, haben beide schon damit begonnen, den Text auswendig zu lernen. „Im Moment fragen wir noch: Was gibt die Stimme her? Was geben die Emotionen her? Wenn wir Antworten gefunden haben…“, erklärt Christoph, während Stefan den Satz vollendet: „…werden wir die Rolle besser verstehen.“

Engagement und Einsatz von allen Beteiligten

Die beiden Jesus-Darsteller werden abwechselnd auf der Bühne stehen. So tragen sie gemeinsam die Verantwortung und können sich im Notfall gegenseitig vertreten. Der „Reserve-Jesus“, wie es ihn früher gab, wurde abgeschafft. „Wer nicht gerade Jesus spielt, übernimmt andere kleinere Parts. Das entwickelt sich gerade“, erklärt Stefan Pfisterer. Auch andere Hauptrollen sind doppelt besetzt, um den Ablauf zu gewährleisten.

Die Passionsspiele verlangen von allen Beteiligten ein hohes Maß an Engagement und Einsatz: „Es ist eine unausgesprochene Übereinkunft, dass jeder, der am Passionsspiel beteiligt ist, bei den Aufführungen anwesend ist“, betont Stefan. „Es wäre unfair den anderen gegenüber… das Technik-Team, alle im Volk, die Musikant:innen – sie alle sind immer da. Deshalb versteht es sich von selbst, dass wir auch vor Ort sind.“

Mit dieser tiefen Leidenschaft für die Passion gehen die beiden Freunde der wohl bedeutendsten Rolle ihres Lebens entgegen – und schaffen dabei etwas Großes für ihre Heimat. Bühne und Fußballplatz, Passion und Sport – all das sind Orte der Begegnung und des Miteinanders, fest verankert im Herzen von Erl und seiner Gemeinschaft.

 

Stefan Pfisterer (32) ist Elektroniker bei Kontron in Ebbs und stammt aus einer musikalischen Familie. Seine Leidenschaft zur Musik lebt er in seiner eigenen Metalband aus, mit der er regelmäßig auftritt. Doch nicht nur die Musik, auch der Fußball spielte lange eine wichtige Rolle in seinem Leben. Bis vor Kurzem war er noch aktives Mitglied der 1B-Mannschaft. Für das Passionsspieljahr 2025 hat er schweren Herzens entschieden, auf weitere Einsätze auf dem Fußballplatz zu verzichten – das Verletzungsrisiko wäre zu groß.

Christoph Esterl (36) leitet die Filiale der Sparkasse in Niederndorf und hat ebenfalls eine enge Verbindung zur Musik. Seit seiner Jugend ist er aktives Mitglieder der Bundesmusikkapelle Erl. Daneben ist er im Vereinsleben der Spielervereinigung Erl als langjähriges Mitglied und Kassenprüfer tief verwurzelt. Seine Stimme ist den Erler Fußballfans außerdem vertraut: Über viele Jahre hinweg kommentierte er als Platzsprecher die Spiele des Vereins.

 

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